Autorenbild Gitte HärterAnschreiben & Lebenslauf

5 Gebote fuer ein gutes Anschreiben

Ein Beitrag von Gitte Härter

Vor über zwanzig Jahren habe ich in der Schule gelernt, wie "man sich bewirbt". Damals war es noch so, dass das Fachliche im Vordergrund stand: Es war weitaus üblicher, dass man im Ausbildungsberuf blieb - es ging darum, möglichst lückenlos und geradlinig zu bleiben, und das Anschreiben war dementsprechend eher fachlich orientiert.

Inzwischen hat sich jedoch eine ganze Menge getan! Die Menge an Bewerbern hat sich erhöht, und zwar nicht nur, wenn der Arbeitsmarkt eng ist und mehr Leute suchen, sondern auch weil Quereinstieg sehr viel üblicher geworden ist.

Und: Die Persönlichkeit der Mitarbeiter ist sehr viel relevanter geworden. Es hat sich die Überzeugung durchgesetzt, dass man Fachwissen in der Regel problemlos vermitteln kann, aber wenn die persönlichen Eigenschaften und der Charakter für das Tätigkeitsprofil nicht passen, wird das schon schwieriger. Darüber hinaus ist auch sehr viel mehr in den Vordergrund gerückt, wie Mitarbeiter auftreten und damit das Unternehmen nach außen repräsentieren. Und natürlich: die Integration in bestehende Teams.

All diese Veränderungen sind sehr signifikant und haben natürlich auch Auswirkungen auf die schriftliche Bewerbung. Und dennoch kann ich Ihnen sagen, dass sich auch heute noch die meisten Bewerber noch immer so bewerben wie vor zwei Jahrzehnten. Zum Teil, weil das leider, leider oft noch propagiert wird. Zum Teil, weil sich viele Bewerber nicht informieren, sondern einfach so vorgehen, wie sie das in der Schule gelernt haben (wo auch heute leider oft noch eine sehr veraltete, oberflächliche und unpersönliche Bewerbung gelehrt wird).

Gerade das Anschreiben bietet Ihnen als Bewerber praktisch die einzige wirkliche Gelegenheit, sich persönlich greifbar zu machen und so die schriftlichen Unterlagen zu einem wirklichen Stellvertreter für sich zu machen und fachliche und persönliche Trümpfe individuell auszupielen.

90 % aller Bewerbungen, die ich früher als Personalentscheiderin und in den letzten Jahren als Coach gesehen habe, weisen die gleichen Fehler auf bzw. bleiben weit unter ihren Möglichkeiten.

1. Du sollst nicht quetschen!
Weil man immer mal liest, dass ein Anschreiben auf gar keinen Fall länger als eine Seite sein soll, quetschen viele Bewerber viel zu viel Text auf eine Seite. Auch gerne genommen: die Schriftgröße auf 10 oder 9 Punkt zu stellen. Das sieht nicht nur schlimm aus, sondern es ist auch extrem mühsam zu lesen.

Die erste Vorauswahl beim Sichten von Bewerbungsunterlagen geht im Regelfall mit einem schnellen "Scannen" von Anschreiben und Lebenslauf einher. Darum ist es - neben dem unvorteilhaften Layout - richtiggehend kontraproduktiv, wenn Sie den Leser mit einer riesigen Bleiwüste erschlagen.

Darum: Die Schriftgröße bitte immer gut lesbar (11 oder 12 Punkt). Lassen Sie Ihren Inhalten Raum. Fügen Sie gerne auch mal eine Aufzählung ein. Und nehmen Sie, wenn Sie mehr zu sagen haben, ruhig eine zweite Seite dazu - sofern Ihre Inhalte wirklich relevant für genau diese Bewerbung sind.

Tipp: Lesen Sie Ihren Anschreiben-Entwurf in einem zweiten Durchgang mit dem Ziel durch, alles Unnötige zu kürzen. Fast immer kommt man ins Schwafeln oder wiederholt Informationen.


2. Du sollst nicht nichtssagend sein!
Die meisten Anschreiben bestehen mehr oder weniger aus diesem Inhalt: "Ich finde Ihre Anzeige interessant, darum bewerbe ich mich." Dann wird ein bisschen aus dem Lebenslauf zitiert. "Ich bin flexibel, kommunikativ und teamfähig. Wenn Sie interessiert sind, würde ich mich über eine Einladung zum Gespräch freuen."

Gerne wird auch pauschal darauf verwiesen, dass

  • man auf das Anforderungsprofil passt (ohne weitere Erklärung)
  • weitere Details den Anlagen zu entnehmen sind.

"Vielsagend" im positiven Sinne ist Ihr Anschreiben, wenn es:

  • Ihr ehrliches Interesse an der Position bzw. am Unternehmen glaubwürdig vermittelt
  • Ihre fachliche Qualifikation (Fähigkeiten und einschlägige Berufspraxis) für diese spezielle Position konkretisiert
  • auch etwas über den "Menschen hinter der Bewerbung" verrät, also Aufschluss über Ihre Arbeitsweise und Persönlichkeit gibt.


3. Du sollst nicht nur mit Fachlichem aufwarten!
Wie eben schon erwähnt, enthalten leider viele Anschreiben nur fachliche Informationen. Natürlich ist es wichtig, dass Sie einschlägige Berufserfahrung und für die Stelle relevante Fachkompetenz mit ins Anschreiben packen, doch machen Sie bitte nicht den Fehler, Ihre Persönlichkeit außen vor zu lassen.

Tatsache ist: Ihr Lebenslauf erzählt Fakten, indem er über Ausbildung und beruflichen Werdegang Aufschluss gibt. Ihre Zeugnisse enthalten ebenfalls fachliche Informationen und, wenn Sie mehrere und ausführliche Zeugnisse haben, durchaus auch persönliche Hinweise - allerdings sind diese meist sehr kurz gehalten. Zudem sind persönliche Beurteilung auch nicht immer nur positiv und verlieren, wenn sie schon länger zurück liegen, auch etwas an Aussagekraft. Dazu kommt, dass die Stelle, für die Sie sich bewerben, vielleicht auch etwas andere persönliche Eigenschaften erfordert als die in den Zeugnissen genannten.

Außerdem ist es so: Wenn Ihr Anschreiben und Ihr Lebenslauf nicht besonders passend erscheinen, wird sich der Personalentscheider oft erst gar nicht weiter in Ihre Zeugnisse vertiefen.

Bringen Sie also Ihre Persönlichkeit zum Ausdruck. So erhöhen Sie die Wahrscheinlichkeit, eingeladen zu werden, und können sich außerdem gegenüber gleich qualifizierten Bewerbern (oder sogar fachlich besser qualifizierten) behaupten, die sich nicht so greifbar machen.

Ihre Persönlichkeit zeigen Sie durch:

- das, was Sie schreiben
(was erwähnt der Bewerber, was pickt er aus Anzeige oder Unternehmensinformationen heraus, was spricht ihn besonders an)

und

- wie Sie etwas schreiben (sind Sie locker oder businesslike-distanziert, schreiben Sie zu oberflächlich oder eher umständlich oder kommen Sie klar auf den Punkt, gehen Sie nur reaktiv auf alles ein, was in der Anzeige steht, oder bringen Sie eigene Fragen oder Erwartungen mit ein ...).


Tipp: Achten Sie bitte auch auf Ihre Formulierungen, denn auch diese geben Aufschluss über Sie. So gibt es manche Bewerber, die es für eine gute Idee halten, so zu formulieren, als hätten sie die Stelle schon (indem sie vom Unternehmen als von "wir" und "uns" sprechen). Andere trauen sich nicht, klare Aussagen über sich zu treffen, und drucksen herum: "Andere sagen von mir ...", "Man sagt, dass ich ...". Und dann gibt es natürlich auch die Zweifler: "Ich glaube schon, dass ich der Aufgabe gerecht würde."

Beliebt ist übrigens auch die Floskel mit der "neuen Herausforderung". Bitte versetzen Sie sich in die Situation des Unternehmens: Dieses sucht einen fachlich und persönlich qualifizierten Mitarbeiter, der das kann, was er tun soll, und nicht jemanden, der auch noch betont, dass er es als Herausforderung mal (ver)sucht.


4. Du sollst nicht einfach nachplappern, was gefordert wird!

Es klingt so einfach ... und manche Bewerber glauben, es gehöre sich so oder sei eine gute Idee, alle Schlagworte, die das Unternehmen so in der Ausschreibung erwähnt, einfach mal irgendwie im Anschreiben fallen zu lassen. Leider bestätigen mir immer wieder Kunden, dass sie das tun, um gut dazustehen ... auch wenn sie diese Eigenschaften nicht für sich überprüft haben bzw. sogar wissen, dass sie sie gar nicht haben.

Das ist keine gute Idee, weil:

  • Sie wetten können, dass Dreiviertel Ihrer Mitbewerber genau dieselben Eigenschaften für sich beanspruchen, Sie also erst recht in der Masse untergehen,
  • ein Personalentscheider Eigenschaftsaufzählungen eh nicht glaubwürdig findet und oft über die immer gleichen Statements gähnt (oder sich gar ärgert),
  • weder Sie noch der Personalentscheider was davon hat, wenn Sie ihm ein "Ich bin flexibel, kommunikativ und teamfähig" hinknallen.


Seien Sie vorausschauend: Schauen Sie sich die Ausschreibung oder die Website genau an und überprüfen Sie ehrlich, ob Sie die geforderten fachlichen und persönlichen Punkte mitbringen. Wenn nicht, dann überlegen Sie, was Sie Vergleichbares oder Ergänzendes zu bieten haben.

Tipp: Bewerber gucken oft leider nur auf das, was die Firma schreibt. Dabei kann man ohne große Mühe - und auch als fachlicher Laie! - oft sehr gut selbst abschätzen, welche Eigenschaften und Kenntnisse für eine bestimmte Position gefordert sind. Sollten Sie damit Schwierigkeiten haben, ist das ein Alarmzeichen und Sie sollten überprüfen, ob Sie sich wirklich auf die passende Stelle bewerben.

Und noch etwas: Im Filmbusiness gibt es den Grundsatz "show, don't tell" (also zeig's, anstatt es einfach zu erzählen), und das gilt auch für das Anschreiben. Anstatt einfach zu erzählen, dass Sie achso teamfähig sind, können Sie beispielsweise in Ihre fachliche Qualifikation einflechten, wann und wie Sie mit Kollegen gearbeitet haben. Damit haben Sie die Teamfähigkeit eingebracht und greifbar gemacht, anstatt nur das Wort aufzuschreiben.


5. Du sollst keinen Serienbrief schreiben!

Will heißen: Wenn Ihre Anschreiben zu 90 % oder mehr gleich sind und Sie nur die Adresse oder ein paar kleinere Formulierungen austauschen, dann ist Ihr Anschreiben nicht so gut, wie es sein könnte. Denn dann schreiben Sie nur einen immer gleichen Text, der so neutral ist, dass er überall passt und mit dem sie ausschließlich "einseitig" über sich erzählen und quasi alles, was es über Sie zu berichten gibt, "schrotflintenartig" loswerden anstatt es zu nutzen, zielgerichtet Pluspunkte und einschlägig besonders relevante Erfahrungen, Eigenschaften und Fähigkeiten von sich zu vermitteln.

Wissen Sie, was ich in diesem Zusammenhang ganz oft höre, wenn ich das so sage? Ein Aufstöhnen und ein "Frau Härter, wissen Sie, was das für eine Arbeit ist, ein Anschreiben immer wieder individuell zu schreiben?!"

"Jo, weiß ich", sag ich dann, "aber möchten Sie Ihren Bewerbungsprozess effizient gestalten und möglichst bald eine Stelle finden oder haben Sie Lust, ganz viele weitere allgemeine Briefe zu verschicken, die Ihnen jeweils zwar nicht so viel Arbeit machen, aber Sie nicht so gut präsentieren, wie es möglich wäre?"

Und manchmal, wenn jemand schon seit längerem arbeitslos ist und sein einziger Job das Bewerben ist, lache ich bei dem Hinweis auf "Das macht mir zu viel Arbeit" auch etwas hysterisch.


Machen Sie's besser als die Masse Ihrer Mitbewerber!


Nutzen Sie das Anschreiben dazu,

  • sich gut zu präsentieren,
  • sich wirklich greifbar zu machen,
  • alle Pluspunkte, die dafür sprechen, SIE zum Gespräch einzuladen, konkret zu benennen.


Ich sage Ihnen aus Erfahrung, dass ein Personalentscheider sich wahnsinnig über jedes individuelle und aussagekräftige Anschreiben eines ehrlich interessierten Bewerbers freut. Das sind in der Masse der Serienbrief-Allgemein-Nichtssage-Anschreiben ungelogen die Sternstunden - mit denen Sie sofort mächtig Punkte sammeln!



Nächsten Tipp lesen:
» Was denkt der Personaler, wenn er liest ...

Über die Autorin:


(c) Gitte Härter
eMail: objektiv@selbstmarketing.de

Gitte Härter war selbst Führungskraft und viele Jahre Coach und Trainerin. Außerdem hat sie über zwei Dutzend Ratgeber veröffentlicht: https://www.schreibnudel.de .

Gemeinsam mit Christine Öttl hat sie unter anderem zahlreiche Bewerbungsratgeber veröffentlicht.


Link zum Buch:


Schriftliche Bewerbung: Mit Profil zum Erfolg. Anschreiben perfekt formuliert. Vom Kurz-Profil bis zur Online-Bewerbung. Mit Bewerbungsmappen-Check


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