Ein Beitrag von Rechtsanwalt Holger Thieß
Der Arbeitgeber ist nach § 84 Abs. 2 Sozialgesetzbuch IX zur Durchführung eines so genannten betrieblichen Eingliederungsmanagements (BEM) verpflichtet. Hat der Arbeitgeber vor Ausspruch der Kündigung kein BEM durchgeführt, muss er von sich aus darlegen, weshalb denkbare Alternativen zu den bestehenden Beschäftigungsbedingungen mit der Aussicht auf eine Reduzierung der Ausfallzeiten nicht in Betracht kommen. Die genannte Vorschrift – so das BAG – sei zwar keine formelle Wirksamkeitsvoraussetzung, aber „auch kein bloßer Programmsatz“.
Erläuterung von RA Holger Thieß (Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg):
Wenn ein Arbeitnehmer länger als 6 Wochen hintereinander erkrankt ist, ist der Arbeitgeber verpflichtet, mit Hilfe des Betriebsrats und – wenn vorhanden – gemeinsam mit der Schwerbehindertenvertretung präventive Maßnahmen zu ergreifen. Er soll die bestmöglichen Voraussetzungen schaffen, damit der Arbeitnehmer nicht wieder arbeitsunfähig wird; notfalls muss die Änderung der Arbeitsbedingungen veranlasst werden.
Jeder Mitarbeiter, nicht nur Schwerbehinderte, haben einen Anspruch auf die Durchführung eines solchen BEM. Wird die Maßnahme nicht durchgeführt, so hat dies im Falle der krankheitsbedingten Kündigung Auswirkungen auf die Beweislast im Kündigungsschutzprozess: Er muss erklären, weshalb er den Arbeitnehmer nicht „leidensgerecht“ beschäftigen kann.
Hat das ordnungsgemäß durchgeführte BEM zu einem negativen Ergebnis geführt, braucht der Arbeitgeber nur noch vortragen, es bestünden keine anderen Beschäftigungsmöglichkeiten. Hat ein BEM zu einem positiven Ergebnis geführt, ist der Arbeitgeber grundsätzlich verpflichtet, die betreffende Empfehlung umzusetzen. Das heißt, der zuvor arbeitsunfähige Mitarbeiter hat einen Anspruch auf leidensgerechte Beschäftigung.
Über den Autor:
Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Holger Thieß ist Sozius der Templin & Thieß Rechtsanwälte mit Sitz in Hamburg. Er ist Mitglied im 20-20-11 Anwaltbund und seinem Kooperationsprojekt "Anwälte empfehlen Anwälte".
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