Ein Beitrag von Christine Öttl
Immer wieder lernen wir Leute kennen, die eine Abneigung gegen Bewerbungsgespräche haben, weil sie die "ganze Fragerei" als überflüssig und nervig betrachten. "Ich möchte einfach nur einen Job haben, was soll dieses ganze Gerede! Ich will mich nicht profilieren und verkaufen müssen."
Diese Einstellung bedeutet natürlich Stress pur - und man tut sich keinen Gefallen damit. Denn für Personalentscheider ist das Bewerbungsgespräch DIE Gelegenheit, die vielversprechendsten Bewerber kennen zu lernen und ihre fachlichen wie persönlichen Kompetenzen im direkten Kontakt auszuloten: Und genau darauf zielen die Fragen ab. Wer das als lästige oder gar überflüssige "Fragerei" abtut, dem fällt es schwer, sich selbst im rechten Licht zu präsentieren.
Eine innere Antihaltung blockiert
Eine Sekretärin/Assistentin der Geschäftsführung kam zu mir ins Bewerbungscoaching: Ihre Bewerbungsunterlagen waren wunderbar, sie hatte damit eine hohe Erfolgsquote und wurde immer wieder zum Jobinterview eingeladen - aber es klappte nie.
Auf die Frage, wie es ihr in Bewerbungsgesprächen gehe, antwortete sie, dass sie sich unsicher und unwohl fühle und irgendwie fehl am Platz - obwohl sie ein sehr gutes und angenehmes Auftreten hat und sich auch gut ausdrücken kann.
Kaum hatten wir ein Bewerbungsgespräch als Rollenspiel begonnen und ich die erste Frage gestellt, kam sie in Verlegenheit und wusste nicht so recht, was sie sagen sollte. Es stellte sich heraus, dass sie die typischen Fragen als "lästig" und "total daneben" empfand und überhaupt keine Vorstellung davon hatte, was "das alles soll". Aufgrund dieser inneren Antihaltung machte sie sich selbst das Leben schwer und immer wieder einen Strich durch die Rechnung, weil sie:
Wie schade! Obwohl sie sowohl fachlich als auch persönlich sehr viel zu bieten hat, konnte sie nicht mal ansatzweise zeigen, was in ihr steckt und inwieweit sie ein echter Gewinn für das Unternehmen sein könnte. So schaffte sie es nicht, ihre jeweiligen Gesprächspartner von sich zu überzeugen und in die engere Wahl genommen zu werden.
Machen Sie sich Hintergrund und Sinn der Fragen bewusst.
Wenn auch Sie zu den Menschen gehören, die nicht so recht wissen, wofür die verschiedenen Bewerbungsfragen eigentlich da sind oder gar eine Abneigung dagegen haben, dann ist es sehr hilfreich und sinnvoll, sich genau mit diesem Thema zu beschäftigen.
Bitte machen Sie sich klar: Die Fragen, die Ihr Gesprächspartner Ihnen in einem Bewerbungsgespräch stellt, sind nicht einfach "Pro-Forma"-Fragen, sondern sie machen Sinn und werden von guten Personalentscheidern gezielt und bewusst gestellt. Und zwar, um sich beispielsweise ein Bild davon zu machen:
Es wäre sehr schade, wenn Sie Chancen vergeben und entweder Ihr Licht unter den Scheffel stellen oder gar einen negativen Eindruck hinterlassen - nur weil Sie sich den Sinn der Fragen nicht bewusst machen und deshalb Ihre Möglichkeiten nicht ausschöpfen.
Unterschätzen Sie die Körpersprache nicht
Das Bild, das Ihr Gesprächspartner von Ihnen gewinnt, basiert nicht nur auf dem, was Sie antworten und inhaltlich sagen. Natürlich spielt das eine große Rolle - und deswegen sollten Sie sich selbst gut kennen und sich auf alle möglichen Fragen vorbeiten. Aber auch das, was Sie nonverbal mitteilen (über Ihren Gesichtsausdruck, Ihre Körperhaltung, Ihre Art zu gucken usw.), kommt bei Ihrem Gegenüber an und hat einen Einfluss.
Wenn Bewerber eine innerliche Abwehrhaltung gegen bestimmte Fragen oder das ganze Gespräch einnehmen, alles nicht so richtig ernst nehmen oder gar abwerten, bleibt das guten Gesprächspartnern nicht verborgen. Und dieser Eindruck beeinflusst natürlich die Entscheidung.
Über die Autorin:
(c) Christine Öttl, objektiv. Management & Lebensqualität
eMail: objektiv@selbstmarketing.de
Christine Öttl war selbst Führungskraft und viele Jahre Coach und Trainerin mit Schwerpunkt Bewerbung. Gemeinsam mit Gitte Härter hat sie unter anderem zahlreiche Bewerbungsratgeber veröffentlicht.
Link zum Buch: