Ein Beitrag von Gitte Härter
Ich weiß ja nicht, wie es Ihnen geht: Mir wird regelmäßig etwas schwindlig, wenn ich höre, wie manche Leute etwas unbedingt erreichen wollen und dafür dann kontinuierlich und hart - teilweise über viele Jahre - arbeiten, bis es endlich geschafft ist. Eine bewundernswerte Eigenschaft, wenn man seine Träume so konsequent verfolgt, finde ich. Mir kommen da oft Lust, Laune und Bequemlichkeit dazwischen ...
"Ehrgeiz" hat viele Facetten
Viele Menschen fühlen sich in puncto Karriere und Erfolg unzulänglich: Andere klotzen ran oder haben ganz konkrete Vorstellungen, ordnen diesen vieles unter und geben nicht nach, bis das Ziel erreicht ist. Muss man ein schlechtes Gewissen haben, wenn man abends lieber auf der Couch hockt, anstatt etwas für seine Fitness zu tun? Sollte man nicht doch lieber mal zu Überstunden bereit sein oder wie die Kollegin die Abendschule besuchen? Ist man ein Loser, wenn man nicht weiterkommen will und im jetzigen Job glücklich ist?
Es lohnt sich, dass Sie sich einmal damit auseinander setzen, für wie ehrgeizig Sie sich halten. Inbesondere dann, wenn Sie darunter leiden oder zumindest ein schlechtes Gewissen haben, dass Sie etwas nicht mit Konsequenz und Einsatz verfolgen.
Beginnen Sie doch direkt damit: Was ist Ihre ganz persönliche Definition von Ehrgeiz?
Dabei geht es nicht darum, ob diese Definition "richtig oder falsch" ist.
Für mich hat dieser Begriff beispielsweise mit Strenge zu tun: Man will etwas unbedingt und tut nun alles Mögliche, um es auch zu erreichen. Idealerweise ist dieser Ehrgeiz aus Leidenschaft geboren.
Wenn Ehrgeiz positiv umgesetzt wird, dann ist er sicherlich eine tolle Sache. Jemand möchte beispielsweise unbedingt Deutscher Meister im Boxen werden und trainiert täglich mehrere Stunden dafür. - Ein anderer träumt davon, Geschäftsführer zu werden, und bildet sich kontinuierlich fort und dient sich buchstäblich hoch.
Manchmal ist man jedoch ein Getriebener, der eher verbissen etwas beweisen oder erzielen möchte. So oder so braucht es auch Ausdauer.
Schreiben Sie Ihre Gedanken zum Thema "Ehrgeiz" auf und kommen Sie dabei ruhig etwas ins Philosophieren: Denken Sie weiter, wann Sie Ehrgeiz als positiv empfinden, was er alles an weiteren guten Eigenschaften, Lerneffekten und Belohnungen mit sich bringt ... wann finden Sie es nicht so erstrebenswert bzw. erkennen Grenzen? Welcher Art?
Sind Sie ehrgeizig?
Wie alle Eigenschaften ist auch Ehrgeiz natürlich relativ: Sicherlich gibt es auch in Ihrem Leben etwas, das Sie gerne und konsequent tun, weil Sie es Ihnen Freude macht oder weil es Ihnen einfach wichtig ist. Dann kann es sehr gut sein, dass Sie sich überhaupt noch nie mit dem Wort "Ehrgeiz" auseinander gesetzt haben.
Und dann gibt es andere Lebensaspekte, bei denen man einfach mal alles auf sich zukommen lässt oder nur teilweise bereit ist, eine Anstrengung zu unternehmen. Ein Klassiker ist der Wunsch, eine Sprache zu beherrschen, aber keine Vokabeln lernen zu wollen.
Viel wichtiger ist jedoch, ob und inwiefern Sie sich das Leben schwer machen, weil Sie sich als nicht ehrgeizig "genug" empfinden und deshalb etwas wütend oder deprimiert sind ... oder das andere Extrem: unter Ihrem Ehrgeiz leiden. Beispielsweise gibt es Menschen, die sich minderwertig fühlen, wenn sie nicht ständig irgendwas erreichen.
Nutzen Sie die Gelegenheit also auch, um sich mal ausgiebig damit auseinander zu setzen, wie Sie sich selbst einschätzen - was Sie gut finden, ob es Bereiche gibt, wo Sie sich schlecht fühlen und warum genau das der Fall ist.
Was möchten Sie beruflich gern erreichen - und was dafür tun?
Gibt es beruflich etwas, das Sie gerne erreichen möchten? Zum Beispiel:
- ein guter Verhandler sein,
- kleinere Präsentationen halten,
- eine bestimmte Ausbildung machen,
- mehr Verantwortung erhalten (was konkret?),
- Projekte eigenständig durchführen (was konkret?),
- im Ausland arbeiten,
- sich selbstständig machen,
- eine Gehaltserhöhung bekommen,
- es zu schaffen, sich besser zu organisieren, um pünktlich Feierabend machen zu können,
- ...
Setzen Sie sich damit auseinander, was Ihre kleinen und großen Ziele sind. Legen Sie anschließend fest, was Ihnen wirklich am Herzen liegt und was "ganz nett wäre" (natürlich können Sie das auch gleich ausweiten und nicht nur an den Beruf, sondern an generelle Lebensziele denken). Hinterfragen Sie auch, woher dieses Ziel kommt - was ist Ihre Motivation und was erhoffen Sie sich davon? So finden Sie heraus, wenn eines Ihrer Ziele nicht passt (zum Beispiel "Ich wünsche mir mehr Anerkennung. Wenn ich einen formellen Abschluss habe, muss man mich endlich mehr respektieren."), sondern eine andere Maßnahme nötig ist.
Und denken Sie bitte daran: Es geht nicht darum, ein "Ehrgeizling" zu werden, der nichts anderes mehr tut oder sieht außer sein Ziel (außer Sie sind jemand, der das gerne tut und auch voll und ganz darin aufgeht natürlich). Sondern es geht darum, dass Sie Ihren Weg gehen und auch bewusst das umsetzen, was Sie wirklich möchten ... und beruhigt ad-acta legen, was Ihnen Ihr schlechtes Gewissen vorgaukelt, nur weil Sie denken, Sie sollten oder müssten etwas.
Ehrgeiz muss nicht anstrengend sein
Sie haben es im Griff, auf welche Weise und in welcher "Dosierung" Sie sich an Ihre Ziele heranmachen. Für manche ist ein Größer-schneller-weiter das Maß aller Dinge, andere gehen lieber kleine Schritte an, die ohne große Mühe realisierbar sind. Auch das ist ganz wunderbar und bringt Sie voran.
Wählen Sie sich eine Definition, die Ihnen behagt. Dann bleiben Sie auch viel lieber und kontinuierlicher bei der Stange!
Über die Autorin:
(c) Gitte Härter
eMail: objektiv@selbstmarketing.de
Gitte Härter war selbst Führungskraft und viele Jahre Coach und Trainerin. Außerdem hat sie über zwei Dutzend Ratgeber veröffentlicht: https://www.schreibnudel.de .
Gemeinsam mit Christine Öttl hat sie unter anderem zahlreiche Bewerbungsratgeber veröffentlicht.
Link zum Buch: