Autorenbild Rechtsanwalt Holger ThießArbeitsrecht

Lohnwucher?
Arbeitsvertrag, Arbeitslohn, Lohnwucher
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 22.04.2009 Az.: 5 AZR 436/08

Ein Beitrag von Rechtsanwalt Holger Thieß

Ein sogenannter „Lohnwucher“ wird angenommen, wenn die Arbeitsvergütung nicht einmal 2/3 eines in der Branche und Wirtschaftsregion üblicherweise gezahlten Tariflohnes erreicht. Maßgebend ist der Vergleich mit der tariflichen Stunden- oder Monatsvergütung ohne Zulagen und Zuschläge, wobei auch die besonderen Umstände des Falles zu berücksichtigen sind. Eine bei Abschluss des Arbeitsvertrags nicht zu beanstandende Vergütung kann durch die Entwicklung des Tariflohns wucherisch werden.

Erläuterung von RA Holger Thieß (Fachanwalt für Arbeitsrecht in Hamburg)

Die Arbeitnehmerin war seit 1992 in einem Gartenbaubetrieb bei Hamburg als ungelernte Hilfskraft beschäftigt. Sie erhielt einen Stundenlohn von DM 6,00 netto, das heißt ab dem 01.01.2002 umgerechnet € 3,25 Euro netto; der tarifliche Stundenlohn betrug insoweit zwischen DM 14,77 brutto bzw. € 7,84 brutto. Mit ihrer Klage verlangte die Klägerin für die Zeit von Dezember 1999 bis Mai 2002 unter dem Gesichtspunkt des Lohnwuchers eine Nachzahlung von knapp 37.000,00 Euro auf der Basis der tariflichen Vergütung.

Das BAG hat seine Rechtsprechung bestätigt, wonach ein sittenwidriger Lohnwucher vorliegt, wenn nicht einmal 2/3 des üblichen Gehaltes verdient werden. In diesem Falle ist die Lohnabrede unwirksam und der Arbeitnehmer kann von dem Arbeitgeber die Nachzahlung auf Basis des Tarifgehalts verlangen. Voraussetzung ist allerdings, dass dem Arbeitgeber die Kenntnis von den üblichen Tarifen und vom Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung nachgewiesen werden kann.



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Über den Autor:


Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Holger Thieß ist Sozius der Templin & Thieß Rechtsanwälte mit Sitz in Hamburg. Er ist Mitglied im 20-20-11 Anwaltbund und seinem Kooperationsprojekt "Anwälte empfehlen Anwälte".

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