Mobbing am Arbeitsplatz wird leider häufig verkannt und belächelt, sei es durch Vorurteile gegen die Betroffenen oder auch nur durch herablassendes Verhalten einzelner Mitarbeiter. Mobbing kann sowohl durch Vorgesetzte als auch durch gleichgestellte Kollegen ausgelöst werden. Häufige Auswirkungen sind beispielsweise von Vorgesetzten zugeteilte Arbeitsaufgaben, die eine deutliche Schlechterstellung des Jobs bedeuten bis hin zu offenem Getuschel im Arbeitsumfeld oder dass man plötzlich von niemandem mehr gegrüßt wird. Fakt ist, dass Mobbing krank machen kann und geht in Extremfällen bis zum Suizid. Aber wo genau ist die Abgrenzung zwischen Meinungsverschiedenheiten und offen praktizierter Ausgrenzung durch Chef und Kollegen? Wo findet man Hilfe?
Eine gelegentliche Auseinandersetzung oder wenn man mit einem einzelnen Kollegen einfach nicht zurecht kommt, ist noch kein Mobbing am Arbeitsplatz, denn so etwas kommt zwischenmenschlich immer wieder mal vor. Aber wenn ein Mitarbeiter über einen längeren Zeitraum regelmäßig und systematisch schikaniert wird, ist eine Grenze zum Mobbing erreicht. In der Praxis erkennt man Mobbing durch den Chef oder Kollegen spätestens dann, sobald über einen Zeitraum von drei Monaten mindestens einmal in der Woche entsprechende Vorfälle auftreten. Die Methode besteht aus Ausgrenzung und Demütigung. Angewendet werden Formen wie Zurückhalten von Arbeitsinformationen, Manipulieren von Arbeitsergebnissen, sinnlose Aufträge oder das gezielte Verbreiten von Gerüchten über die betroffene Person. Selbst Gewalt und sexuelle Übergriffe kommen in Mobbing-Attacken vor. Leider gibt es keine juristische Definition für den Begriff Mobbing, da er in keinem Gesetzbuch auftaucht. Somit ist der arbeitsrechtliche Umgang in Sachen Mobbing relativ schwierig, hier sind allenfalls Straftatbestände wegen Beleidigung oder Nötigung denkbar.
Durch die vielen unterschiedlichen Formen ist Mobbing von den Betroffenen nicht immer sofort erkennbar. Je nach auslösender Instanz unterscheidet man verschiedene Arten des Mobbings. Beim klassischen Mobbing durch Kollegen finden die Angriffe unter hierarchisch gleichgestellten Mitarbeitern statt. Das so genannte Bossing bezeichnet das Mobbing durch den Chef. Darüber hinaus gibt es auch noch eine Form des Mobbings, in der sich Vorgesetzte durch Angriffe von Untergebenen ausgesetzt sehen. Hier spricht man vom sogenannten Staffing.
In den meisten Fällen findet Mobbing am Arbeitsplatz nach einem bestimmten Muster in vier Etappen ab.
Mobbing wird ausgelöst durch nicht verarbeitete oder ungelöste Konflikte. Dadurch entstehen erste Antipathien, einzelne persönliche Angriffe und Schuldzuweisungen.
Das Mobbing am Arbeitsplatz eskaliert. Der ursprüngliche Konflikt gerät zunehmend in der Hintergrund, wodurch es später erschwert wird, die Ursache des Mobbings zu ergründen. Der betroffene Mitarbeiter wird immer öfter systematischer Schikane ausgesetzt. Das Selbstwertgefühl des Mobbing-Opfers nimmt ab, der Kollege wird immer mehr isoliert (häufiger Ausspruch: "Der soll sich mal nicht so anstellen und lieber seine Arbeit ordentlich machen!"). Diese Stufe ist nach ca. sechs Monaten erreicht.
Die Entwicklung eskaliert immer mehr. Durch permanente Demütigungen durch Mobbing durch den Chef oder Kollegen ist der Betroffene dermaßen verunsichert, dass die Arbeitsleistungen sinken. Dies wird häufig bewusst durch ungeeignete Arbeitsaufgaben herbeigeführt. Der Betroffene wird zunehmend als "Problemfall" dargestellt, es folgen Androhungen von arbeitsrechtlichen Maßnahmen: Abmahnungen, Versetzungen oder die Kündigung steht im Raum (werden aber nur selten tatsächlich angewandt, da sich der oder die "Ausführenden" darüber bewusst sind, dass sie vor einem Arbeitsgericht unterlegen wären). Diese Etappe dauert in der Regel bis zu zwei Jahren. Der Unternehmensleitung verkennt während dieser Zeit meist die eigentliche Situation (Wegsehen als einfachste Lösung), sofern sie nicht selbst aktiv am Mobbing durch den Chef beteiligt ist.
Eskalierende Mobbingfälle enden oft mit dem Verlust des Arbeitsplatzes, mitunter sogar mit dem Ausscheiden aus dem Arbeitsleben. Das Mobbing-Opfer kündigt selbst oder es wird ihm gekündigt - ein zulässiger Kündigungsgrund seitens des Arbeitgebers ist meist schnell gefunden. Psychosomatische Erkrankungen oder auch langfristige Krankschreibungen sind häufig die Folge von langfristigem Mobbing am Arbeitsplatz, auch eine dauerhafte Arbeitsunfähigkeit ist möglich. Diese Phase ist etwa nach zwei bis sechs Jahren erreicht.
Ein Arbeitgeber, der sich seiner Verantwortung und Verpflichtung, für ein gutes Betriebsklima zu sorgen, bewusst ist, wird zielsicher gegen Mobbing durch Kollegen einschreiten. Jedoch kann er nur dann Konsequenzen ziehen und Verfahren einleiten, wenn er über die Situation informiert ist. Daher sollten Betroffene nicht abwarten und hoffen, dass sich das Problem von alleine löst, sondern sich schnellstmöglich Hilfe und Unterstützung holen. Eine gute Anlaufstelle hierfür sind Personal- und Betriebsräte, wo häufig auch ein Anti-Mobbing-Beauftragter anzutreffen ist. Betriebsräte haben in Sachen Gesundheitsschutz volle Mitspracherechte im Betrieb und können entsprechend intervenieren. Fachleute und Psychologen bei Gewerkschaften oder Beratungsstellen helfen, die konkrete Situation zu analysieren und das weitere Vorgehen zu planen.
In einem kleineren Unternehmen, wo es häufig keinen Betriebsrat gibt, bleibt allenfalls die Möglichkeit, sich an die Personalabteilung zu wenden und um Hilfe zu bitten. In kleineren Betrieben stellt sich jedoch häufig das Problem, dass "jeder jeden kennt" und es sich dadurch schnell herumspricht, wenn sich ein Mobbing-Opfer an einen Vorgesetzten wendet. Häufig verschärft sich das Problem dadurch nur noch, weil das Hilfeersuchen im Team als Denunziation der Kollegen aufgefasst wird. Hier hilft dann nur noch der Wechsel des Arbeitgebers. Zwar haben die aktiv Mobbenden damit ihr Ziel erreicht, den unliebsamen Kollegen loszuwerden, aber das Wohl des betroffenen Mitarbeiters ist gesichert, da er nun wieder zuversichtlich in die Zukunft blicken kann.