Ein Beitrag von Gitte Härter
Schon wieder ein A 4-Umschlag im Briefkasten ... ächz! Absage. Damit Sie nicht in ein Loch fallen, hier einige Tipps, wie Sie mit Absagen gut umgehen können.
Frust-Faktor
Viele Bewerber gehen mit Absagen sehr reaktiv um. Parallel zur Anzahl der Mappen, die zurück kommen, sinkt die Motivation und leidet das Selbstvertrauen. Es ist ganz wichtig, dass Sie sich klar machen, was in vielen Absageschreiben steht, auch wenn’s dort häufig als Floskel gebraucht ist: Das Unternehmen meint es nicht persönlich. Machen Sie sich immer klar: Es gibt viele Bewerber auf eine Stelle. Und es kann meist nur ein Kandidat genommen werden. Schwacher Trost, denken Sie? Denn schließlich haben Sie die Absage im Kasten und müssen damit leben. – Klar. Aber genau das – nämlich wie Sie jetzt mit der Situation umgehen - ist ausschlaggebend dafür, wie es weitergeht mit Ihren Bewerbungen.
Lesen Sie weiter, was Sie tun können, um die Absage zu nutzen. Selbst wenn der Begleitbrief nicht sehr aussagekräftig ist.
Absagentext
"Bitte sehen Sie es nicht als Zweifel an Ihrer Qualifikation ..." – So? Als was soll ich es denn sonst sehen, wenn Sie mir gleichzeitig eine Abfuhr erteilen? Absagebriefe sind meist ziemlich nichtssagend. Man erfährt nicht wirklich, woran es denn lag: Erst gestern las ich in einem Internet-Forum den Absagegrund "Die Bewerberin war nicht angemessen gekleidet." Lag’s also bei Ihnen am Outfit? Oder an mangelnder "nachgewiesener" Qualifikation? Oder war es echt so, wie im Absagebrief steht: Gab’s einfach einen Bewerber, der noch besser auf das geforderte Profil passte?
Warum nennen Unternehmen nicht den tatsächlichen Grund für Absagen? Wenn Sie bereits in der ersten Runde ausscheiden, ist es in der Regel schlicht und ergreifend so, dass die Bewerbungsmappe nicht überzeugt. Entweder aus ästhetischen Gründen oder weil das Anschreiben/der Werdegang den Personalentscheider nicht neugierig macht.
Später im Bewerbungsprozess ist häufig der Grund tatsächlich der, dass ein anderer Bewerber einfach als Idealkandidat empfunden wird. Und auch ich selbst war viele Male in der Situation, dass ich eigentlich gerne drei oder vier der Bewerber genommen, aber eben leider nur eine Position zu vergeben hatte.
In einer früheren Firma hat der Chef untersagt, dass wir individuelle Absagen schreiben und unsere Gründe offen legen. Weil er die Befürchtung hatte, ein Bewerber könnte vielleicht rechtliche Schritte einleiten, wenn der "Grund" rechtlich anfechtbar ist. Ob und inwieweit diese Angst begründet war, kann ich nicht beurteilen. Ich kann sie aber nachvollziehen und mir gut vorstellen, dass so was passieren könnte. Ein weiterer Aspekt ist natürlich die Administration: Die Bewerbungsstapel zurückschicken, Adressen eintippen, Serienbriefe erstellen – das braucht alles sehr viel Zeit. Und auch, wenn Sie als Bewerber das nicht weiter interessiert, ist es doch ein wichtiger Punkt aus Sicht des Unternehmens.
Ich habe übrigens zwei Bewerbern einmal die tatsächlichen Gründe der Absage genannt: Bei einem war die Bewerbung unter aller Kanone, im zweiten Fall war es eine Bewerberin, die am Telefon dermaßen demotiviert und verbittert war, dass meine Entscheidung schon während des Gesprächs fiel.
Beiden sagte ich freundlich, was der Haken war und warum sie nicht in die engere Auswahl kamen. Der frustrierten Bewerberin hatte ich trotzdem ein Gespräch angeboten, weil sie mir sagte, dass sie schon so lange ergebnislos suchte.
Die Reaktionen?
Der männliche Bewerber beschimpfte (!) mich am Telefon. Lautstark hielt er mir – wohl stellvertretend für die gesamte Arbeitswelt – einen Vortrag, was mir denn einfiele, an seiner Bewerbung herumzumäkeln. – Die Bewerberin kam nicht zum Gespräch, sondern schickte mir statt dessen eine Postkarte mit einem Ausschnitt aus der Süddeutschen Zeitung zu Arbeitslosenzahlen und verpasste mir einen Nachhilfeunterricht, warum sie alles Recht der Welt hatte, verbittert zu sein.
Ich kann Ihnen sagen, dass nach diesem Erlebnis meine Motivation, einem Bewerber tatsächliche Gründe für die Absage zu nennen, sehr niedrig war.
Aber keine Sorge: Sie können auch, wenn Sie den tatsächlichen Grund nicht kennen, etwas tun:
Wann kommt die Absage?
Beobachten Sie, wann Sie eine Absage bekommen: Es ist ein Unterschied, ob Sie immer sofort die Bewerbung zurückbekommen, ohne dass es überhaupt zu einem Gespräch kommt. Oder ob Sie eine gute Erfolgsquote mit Einladungen zum Interview haben. Aber danach eine Absage kommt.
Sofern Sie immer gleich bei der ersten Auswahl rausfallen:
Überprüfen Sie, ob Sie sich auf die richtigen Stellen bewerben. Reicht Ihre Qualifikation tatsächlich aus? Oder sind es Stellen, wo Sie sich selbst schon vorstellen können, dass die meisten Bewerber die fachlichen Anforderungen besser erfüllen werden als Sie selbst?
Checken Sie Ihre Bewerbungsmappe durch: Passt formell etwas nicht? Ist Ihr Anschreiben ein nichtssagender Serienbrief? – Holen Sie sich Tipps und informieren Sie sich, wie eine gute schriftliche Bewerbung aussieht und wie Sie sich optimal präsentieren können.
Wenn Sie selbst nicht weiterkommen, können Sie auch einen professionellen Bewerbungsmappen-Check machen lassen, wie auch wir ihn anbieten.
Tipp: Das heißt nicht, dass Sie sich nicht auf Stellen bewerben sollen, die Sie sich zwar zutrauen, aber vielleicht nicht 100 %ig auf das geforderte Profil passen. Es heißt nur, dass Sie Ihre eigene Präsentation überdenken sollten – und sich auch darauf gefasst machen müssen, häufiger eine Absage zu bekommen, und einen längeren Atem brauchen.
Kommt die Absage nach dem Gespräch?
Wenn Sie immer nach einem persönlichen Gespräch eine Absage bekommen, dann liegt es ganz eindeutig an Ihrer persönlichen Eigenpräsentation. Lassen Sie die Gespräche Revue passieren: Gibt es Punkte, wo Sie selbst schon wissen, dass sie nicht gut waren? Sind Sie vielleicht immer total nervös und deshalb allzu zurückhaltend? – Treten Sie allzu forsch und großspurig auf? Oder hinterlassen Sie gar keinen Eindruck beim Gegenüber?
Tipp: Üben Sie ein Vorstellungsgespräch mit einer Person, die Ihnen sachlich, aber kritisch Feedback zu Ihrer Wirkung gibt. Wie kommen Sie rüber – wie wirken Sie von Ihrem Auftreten her, wie überzeugend und aussagekräftig sind Ihre Inhalte?
Das können Sie mit einem Freund machen, wenn dieser auch wirklich offen mit Ihnen ist und eine gute Beobachtungsgabe hat. Oder gleich mit einem Profi.
Bitte beachten Sie dazu auch den Text "So erkennen Sie einen guten Bewerbungsberater". Auch wir coachen Sie gerne.
Das Unternehmen meldet sich überhaupt nicht
Sie vermuten, dass Sie eine Absage erhalten – einfach, weil sich die Firma gar nicht mehr meldet? Dann haken Sie ruhig dort nach und warten nicht monatelang. Wenn das Unternehmen die Absage bestätigt, bitten Sie um Rücksendung Ihrer Unterlagen. Aber rechnen Sie auch damit, dass (leider) im Bewerbungsprozess nicht jede Mappe auch wieder zu Ihnen zurück kommt.
Über die Autorin:
(c) Gitte Härter
eMail: objektiv@selbstmarketing.de
Gitte Härter war selbst Führungskraft und viele Jahre Coach und Trainerin. Außerdem hat sie über zwei Dutzend Ratgeber veröffentlicht: https://www.schreibnudel.de .
Gemeinsam mit Christine Öttl hat sie unter anderem zahlreiche Bewerbungsratgeber veröffentlicht.
Link zum Buch: